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Die Bio-Ahornfarm Érablière des Aigles liegt in Témiscouata, etwa 300 km östlich der Stadt Québec. Fotos: Nadine Ringgenberg

Zeitschriften | Verband & PolitikLesezeit 2 min.

Aus der Mitte der kanadischen Wäldern: Wo der Ahornsirup fliesst

Die kanadische Provinz Québec deckt über 70% der weltweiten Ahornsirupproduktion ab; mit jährlichen Exporten von über 90 Millionen Litern. Riesige natürliche Ahornwälder, ein kalter Winter und ein langer Frühling bieten die besten Voraussetzungen für den Erfolg.

Nadine Ringgenberg* | Eine «Érablière», also eine Ahornfarm, ist ein landwirtschaftlicher Betrieb zur Herstellung von Ahornsirup. Davon gibt es in der kanadischen Provinz Québec etwa 6800, die auf einer Fläche von fast 200 000 ha rund 51 Millionen Zuckerahornbäume (Acer saccharum) bewirtschaften. Obwohl es weltweit fast 150 Ahornarten gibt, ist der Zuckerahorn ausschliesslich in Nordamerika beheimatet. Er ist die dominierende Ahornart auf diesen Farmen. Der Ahornsirup wird direkt vor Ort auf den Ahornfarmen produziert. Im Frühling wird der Ahornsaft – auch Ahornwasser genannt – geerntet und anschliessend langsam eingekocht, um den Sirup mit seinem charakteristischen Geschmack zu erhalten. 

Anzapfen: den Wald auf die Ernte vorbereiten

Bei den Ahornfarmen handelt es sich um natürliche Wälder, in denen Ahornbäume neben anderen Baumarten wie Esche und Gelb-Birke gedeihen. Ein gesunder Ahornwald zeichnet sich durch eine Vielfalt von Bäumen unterschiedlichen Alters aus, wobei das ökologische Gleichgewicht für die dauerhafte Nutzung und die natürliche Regeneration des Waldes essenziell ist.

Im Januar und Februar werden die Ahornbäume angezapft, um im März und April den Saft ernten zu können. Eine körperlich fitte Person kann etwa 350 Ahornbäume pro Tag anzapfen – keine leichte Arbeit. Zunächst geht es mit dem Schneemobil auf verschneiten Wegen zum Wald, dann auf Schneeschuhen von Baum zu Baum durch teilweise sehr tiefen Schnee, und das immer mit einer Bohrmaschine und einem Hammer in der Hand.

Nur Bäume mit einem Stammdurchmesser von mehr als 23 cm dürfen in einer Höhe von 1,30 m über dem Boden angezapft werden. Jüngere Bäume werden geschont, um deren Wachstum nicht zu beeinträchtigen. Jedes Jahr wird ein neues Loch mit 6 bis 8 mm Durchmesser 3 bis 5 cm tief in den Baum gebohrt, in das mit leichten Hammerschlägen ein Kunststoffzapfhahn eingeschlagen wird. Wo dieses Loch gebohrt wird, hängt davon ab, wie hoch der Schnee liegt, wo sich die Zapfstellen der vergangenen Jahre befinden und wie gut sie wieder verheilt sind. Das Anzapfen erfolgt nach einem speziellen Schema, wobei die vorgegebenen Abstände zu den alten Zapfstellen genau einzuhalten sind. Die Zapfhähne werden mit einem Netzwerk an Schläuchen verbunden, das den Ahornsaft im Frühling mittels Vakuumpumpen zu den Zuckerhütten transportiert, wo der Sirup hergestellt wird.

Vom Zuckerwasser zum flüssigen Gold

Ungefähr im März erwachen die Ahornbäume aus ihrer Winterruhe, und der Baumsaft beginnt zu zirkulieren. Der Durchfluss des Zuckerahorns hängt vor allem von den täglichen Temperaturschwankungen ab: Nächte unter 0 °C, gefolgt von Tagen mit Temperaturen über 0 °C, sorgen für eine Druckdifferenz im Bauminneren, sodass das Ahornwasser geerntet werden kann. Für eine gute Ernte sind mehrere Wochen mit diesen Temperaturschwankungen nötig. Das Ahornwasser, das an sich schon zuckerreich ist (1 bis 3%), enthält auch Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien. Jeder Ahornbaum liefert etwa 60 l Ahornwasser, woraus 1,5 l Ahornsirup gewonnen werden können.

An der Zuckerhütte angekommen, wird der Ahornsaft zunächst in grossen Becken oder Silos gelagert. Im ersten Verarbeitungsschritt wird der Saft durch Umkehrosmose konzentriert, wobei er mit hohem Druck durch halbdurchlässige Membranen gepumpt wird. Dadurch entstehen ein Konzentrat mit einem höherem Zuckergehalt von 18 bis 25% sowie entmineralisiertes Wasser, das zur Reinigung der Gerätschaften am Ende jedes Produktionszyklus genutzt wird.

Das Konzentrat wird erneut in Becken gelagert, bis es in einen Verdampfer geleitet wird, wo es eine bis zwei Stunden bei einer Temperatur von bis zu 104 °C bis zum gewünschten Brix-Wert (66% Zucker)1) eingekocht wird. Dieses langsame Einkochen sorgt für die Farbe und den charakteristischen Geschmack des Ahornsirups. Schliesslich wird der Sirup heiss gefiltert und bis zur Flaschenabfüllung in 205-kg-Fässern zwischengelagert.

Die Ernte dauert normalerweise fünf bis sechs Wochen. Danach müssen die Ahornbäume noch «entzapft» werden, das heisst, die Zapfhähne werden aus dem Baum entfernt. Gleichzeitig werden 15 ml Isopropylalkohol eingespritzt, um das Schlauchnetz zu reinigen. Im darauffolgenden Frühling wird der erste Tag, an dem das Ahornwasser fliesst, dazu genutzt, das Netz durchzuspülen. Dieser Baumsaft wird entsorgt und nicht zur Herstellung von Ahornsirup verwendet.

Farbe und Geschmack

Farbe und Geschmack des Ahornsirups verändern sich während der Ernteperiode je nach Zuckergehalt und Mikrobiom, also dem Zusammenspiel der Mikroorganismen im Ahornwasser. Solange der Saft im Baum bleibt, ist er steril. Wenn das Ahornwasser austritt, wird es um die Bakterien und Hefen der Baumrinde und des Schlauchs angereichert. Zu Frühlingsbeginn, wenn die Tage noch kühl sind, ist der Sirup normalerweise hell, und er hat einen milden, feinen Geschmack. Im Laufe der Erntezeit, wenn die Tage länger und wärmer werden, nehmen die Mikroorganismen im Ahornwasser zu, der Sirup wird bernsteinfarben und schmeckt intensiver nach Ahorn. Am Ende der Saison ist er tiefdunkel mit einem intensiven, vollmundigen Geschmack. Die Ernte endet je nach Region Mitte oder Ende April, wenn der Ahorn zu knospen beginnt. Die Klassifizierung des Ahornsirups erfolgt anhand der Menge an Licht, die durch ihn hindurchscheint.

Pflege und Gestaltung der Ahornfarmen

Im Sommer ist es in den Ahornwäldern ruhig. Die Wärme erschwert das Arbeiten. Ausserdem ist dies die Wachstumssaison der Ahornbäume, in der sie möglichst wenig gestört werden sollten. Im Herbst hingegen beginnt eine wichtige Phase der Waldpflege: Gestrüpp und Windbruch müssen entfernt werden. In dieser Zeit wird auch das Schlauchnetz repariert, nachgebessert oder ausgetauscht. Die Schläuche haben eine Lebensdauer von etwa 15 Jahren, während die Zapfhähne alle 5 Jahre ausgewechselt werden müssen.

Neben der Wartung des Transportnetzes ist der Herbst eine wichtige Jahreszeit für die Forstwirtschaft. Beim Ersetzen der Schläuche nutzen die Ahornfarmer die Gelegenheit zur Waldgestaltung, was alle 30 Jahre empfohlen wird. Hierbei werden etwa 25% der Bäume entnommen, um das Gleichgewicht zu erhalten und eine optimale Regeneration des Waldes zu fördern. Dieses Verfahren wird von der Provinzverwaltung mit einem Beitrag von rund 1100 CAD pro Hektare subventioniert.

Nach dem Fällen werden bereits angezapfte Ahornbäume als Brennholz verkauft oder zu Papier- und Kartonbrei verarbeitet, zwei Industriezweige mit starker Präsenz in Québec. Ahornbäume aus neuen Waldabschnitten können nach dem Fällen als Sägeholz verkauft werden, insbesondere zur Herstellung von Hartholzböden, was die weit lukrativere Option ist.

Biologische Produktion 

Fast die Hälfte des in Québec produzierten Ahornsirups ist bio-zertifiziert. Die kanadische Bio-Norm Canadian Organic Standards (COS) deckt mehrere Aspekte ab: Gestaltung der Ahornfarmen, Erhaltung der Pflanzendiversität, Schädlingskontrolle, Mindestabmessungen der Ahornbäume, die angezapft werden dürfen, sowie die Ernte und die Weiterverarbeitung des Ahornwassers zu Sirup.

Um das Ökosystem im Gleichgewicht zu halten, müssen mindestens 15% der Fläche einer Bio-Ahornfarm aus Begleitbaumarten wie Gelb-Birke, Esche, Linde, Kirsche und Walnuss bestehen. Diese tragen zu einer Verringerung des Säuregehalts im Boden und zur Erhaltung der Biodiversität bei und schaffen so optimale Bedingungen für das Wachstum der Ahornbäume. Daneben ist ein Forstmanagementplan Pflicht, um die Regeneration der Bäume, den Schutz der Fauna und eine nachhaltige Nutzung des Waldes sicherzustellen.

Die Sirupproduzenten erhalten eine Prämie von 0,22 CAD2) pro Pfund (0,34 l) Bio-Ahornsirup. Für die Ernte 2025 wurde diese Prämie auf 0,18 CAD gesenkt, da die derzeitige biologische Produktion die Nachfrage übersteigt.

Eine Herausforderung für die Wälder

Viele Ahornwälder in der Provinz Québec sind noch ungenutzt, sowohl auf privatem als auch auf öffentlichem Gelände. Zurzeit liegen 82% der bewirtschafteten Ahornfarmen in privaten und nur 18% in öffentlichen Wäldern. Es besteht dabei ein Interessenkonflikt zwischen der Nutzung dieser Wälder zur Einrichtung von Ahornfarmen (mit Pachtverträgen über 25 Jahre oder mehr) und der Nutzung als Holzquelle. Die Quebéc Maple Syrup Producers, die Organisation der Ahornsirupproduzenten im Québec, plädiert dafür, die öffentlichen Wälder eher den Ahornfarmern zur Verfügung zu stellen als für den Holzschlag zu nutzen, um die wachsende Nachfrage dieses weltweit stark expandierenden Marktes befriedigen zu können.

Kontingente und strategische Reserven 

Die Provinz Québec, die mit über 70% Marktanteil quasi das Monopol auf die Erzeugung von Ahornsirup verwaltet, hat ein Kontingentierungssystem eingerichtet. Die den einzelnen Ahornfarmen zugewiesenen Quoten werden jährlich auf der Grundlage der Sirupproduktion der letzten 5 Jahre und der Anzahl Zapfstellen festgelegt. Der Preis für Ahornsirup bezogen auf ein Pfund richtet sich nach seiner Qualität. Für die Ernte 2025 beispielsweise liegt der Preis für bernsteinfarbenen Ahornsirup, der zum Verzehr bestimmt ist, bei 3,33 CAD pro Pfund, also um 0,08 CAD höher als 2024. Einzigartig ist jedoch die «Réserve stratégique mondiale de sirop d’érable», die globale strategische Ahornsirupreserve, die die Branche in Québec eingeführt hat. Diese Reserve besteht aus nicht verkauftem Sirup und ermöglicht es, Jahre mit geringerer Produktion abzufedern, die es aufgrund der Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen im Frühling immer wieder gibt. 

Ahornsirup in der Schweiz

Der grösste Anteil des in der Schweiz konsumierten Ahornsirups stammt aus der Provinz Québec. Für den Ahornsirup in den Supermärkten wird im Allgemeinen der Sirup von mehreren Ahornfarmen vermischt, um eine bestimmte Farbe zu erhalten. Dadurch kann sich allerdings die Geschmacksqualität des Sirups verändern. Er verliert seinen Charakter und sein Bouquet. Hier kommen Alexandre Guimond und seine Frau – Verfasserin dieses Artikels – ins Spiel. Dem kanadisch-schweizerischen Ehepaar gehört die Érablière des Aigles, eine Bio-Ahornfarm mit 38 000 Zapfstellen in Témiscouata, etwa 300 km östlich der Stadt Québec.

Sie exportieren fast ihre gesamte Ahornsirupproduktion in die Schweiz, wo sie unter der Marke MAWOO vertrieben wird. Dieser Ahornsirup wird nie mit anderen vermischt, ist von hervorragender Qualität und hat einen authentischen Geschmack. Qualitativ hochwertigen Ahornsirup herzustellen und ihn direkt an den Kunden zu verkaufen, ist für die beiden eine Herzenssache. «Bei uns kommt der Sirup wirklich vom Baum direkt auf den Tisch», erklärt Alex stolz. Von jedem Fass Ahornsirup wird eine Probe untersucht, um den Kunden genau den Ahornsirup anbieten zu können, den sie suchen.

Über diese und viele weitere Themen lesen Sie in der neuen Ausgabe von «WALD und HOLZ».

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